Obertöne
Was sind Obertöne und wie beeinflussen sie den Klang?
Obertöne gehören zu den faszinierendsten Phänomenen in der Welt der Musik – und gerade bei Klavieren und Flügeln spielen sie eine entscheidende Rolle. Sie sorgen dafür, dass ein Ton nicht nur nach „C“ klingt, sondern nach einem reichen, farbigen, lebendigen „C“. Ohne Obertöne wäre Musik eindimensional und flach – quasi wie ein Klavier ohne Seele.
Physikalische Grundlagen
Wussten Sie, dass jeder angeschlagene Ton auf einem Klavier oder Flügel nicht nur aus einem einzigen Ton besteht? Tatsächlich hören wir einen ganzen Klangteppich aus Schwingungen – den Grundton und seine Obertöne. Diese entstehen, weil eine Saite nicht nur in ihrer vollen Länge schwingt, sondern gleichzeitig auch in Halben, Dritteln, Vierteln usw.
Diese Teilschwingungen erzeugen Töne, die höher sind als der gespielte Grundton – eben die Obertöne. Je nach Instrument, Anschlag und Bauweise sind diese Obertöne mehr oder weniger stark ausgeprägt und verleihen dem Ton seinen individuellen Charakter.
Was genau hört man?
Man hört natürlich in erster Linie den Grundton – aber die Obertöne schwingen mit. Sie sind zwar nicht immer bewusst wahrnehmbar, prägen aber maßgeblich den Eindruck von Wärme, Brillanz und Tiefe des Klangs. Die erste Oktave über dem Grundton ist meist besonders deutlich hörbar, gefolgt von weiteren Obertönen, die das Klangbild subtil anreichern.

Einflussfaktoren auf die Obertonstruktur
Die Art und Weise, wie stark und in welcher Zusammensetzung Obertöne auftreten, hängt von vielen Faktoren ab:
- Materialien: Die Qualität der Saiten, des Resonanzbodens und der Hammerköpfe hat großen Einfluss auf die Klangfarbe.
- Anschlagtechnik: Ein kräftiger Anschlag betont andere Obertöne als ein sanfter. Pianisten nutzen das gezielt, um Klangnuancen zu gestalten.
- Selbst kleinste Abweichungen in der Stimmung können dazu führen, dass bestimmte Obertöne besonders hervorstechen – oder sich gegenseitig auslöschen.
- Bauweise des Instruments: Flügel haben in der Regel eine reichere Obertonstruktur als aufrechte Klaviere, was ihren vollen, tragenden Klang erklärt.
Obertöne in der musikalischen Praxis
Warum klingt kein Klavier wie das andere?
Ein Klavier oder Flügel klingt niemals exakt gleich wie ein anderes – selbst wenn es vom selben Hersteller stammt. Ein Grund dafür ist die Obertonzusammensetzung. Manche Instrumente klingen eher „warm“ und rund, andere „klar“ und silbrig. Dieses Klangbild entsteht nicht zuletzt durch das Zusammenspiel der Obertöne.
Obertöne gezielt nutzen
Geübte Pianistinnen und Pianisten spielen nicht einfach nur Töne – sie gestalten Klangräume. Durch Spieltechnik, Pedalgebrauch und Dynamik beeinflussen sie die Obertonentfaltung. Besonders im fortgeschrittenen Spiel wird die bewusste Nutzung von Obertönen zu einem kreativen Werkzeug. Wussten Sie zum Beispiel, dass manche Musiker durch spezielle Techniken einzelne Obertöne gezielt hervorheben können?
Fazit
Obertöne sind das unsichtbare Farbenspiel in jedem Ton. Sie sorgen dafür, dass Musik auf dem Klavier oder Flügel mehr ist als nur eine Abfolge von Tönen – sie machen sie lebendig, tief und berührend. Wer sich mit Obertönen beschäftigt, taucht ein in die klangliche Tiefe seines Instruments und lernt, es wirklich zum Singen zu bringen.